Musiktips des Monats: Mittelalterliche, Mittelalter-inspirierte und dunkel-romantische Klänge

Aktuell
Mai 2002

ATARAXIA - Sueños

SUIDAKRA - Emprise to Avalon

GLOTH, Michael E. singt und spricht Carl Michael BELLMANN:
Fredmanns Episteln und Lieder für diese und jene, und besonders für Ulla Winblad. Hörbuch.

VAN LANGEN UND DES TEUFELS LOCKVOGEL - Ales umb der holden frouwen minne

CORNIX MALEDICTUM - ... verdammt in alle Ewigkeit

Archiv

Mai 2002:
ZERAPHINE - Kalte Sonne
BERGFOLK - Pilgerer
ATARAXIA - Mon seul desir
ARTWORK - puppet fields
SPECTACULATIUS - Als Lumpen tun wir fahren

April 2002:
CAPELLA ANTIQUA BAMBERGENSIS - Die Fräuelein von Franken
FURUNKULUS BLADILO - Spilleut im Zauber der Ewigkeit
ONI WYTARS - Stupor Mundi
EICHENSCHILD - Auf Gedeih und Verderb
ELSTER SILBERFLUG - Spes
DREI LITER LANDWEIN - Schenk ein!

März 2002:
PERSEPHONE - Home
GOETHES ERBEN - Nichts bleibt wie es war
VANITAS - Der Schatten einer Existenz
CAPELLA ANTIQUA BAMBERGENISIS - Das Schloßkonzert Vol. 1
ANGELS OF VENICE - Awake inside a dream

Februar 2002:
FILIA IRATA - Tinnitussi
E NOMINE - Finsternis
ESTAMPIE - fin amor
LES FLAMBOYANTS - Hildegard von Bingen ...

Januar 2002:
ORBIS MUNDI - Adia
MILAMAR - Elfensex
IOCULATORES - Lieder und Tänze

Dezember 2001:
HELIUM VOLA - ohne Titel
FREIBURGER SPIELLEYT - Nu wol uf, ritter, ez ist tac!
MIROQUE Vol. VII

November 2001:
SCHANDMAUL: Von Spitzbuben ...

Oktober 2001:
IN EXTREMO - Sünder ohne Zügel

September 2001:
DUIVELSPACK - In 3 Teufels Namen

August 2001:
MUSIKTHEATER DINGO - Minne, traute Minne

Juli 2001:
MIROQUE Vol. VI

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JUNI 2002:
ATARAXIA - Sueños

"Ataraxia", jene lombardische Formation um Francesca Nicoli, Vittorio Vandelli und Giovanni Pagliari, die sich einer besonderen Leichtigkeit und Verträumtheit in der Interpretation mittelalterlichen Liedgutes verschrieben hat ohne dabei jemals auch nur einen Gedanken an eine geringere Ernsthaftigkeit oder weniger Anspruch ihres Tuns aufkommen zu lassen, begeisterte die musikbegeisterte Mittelalterwelt im Jahre 2001 mit dem vorliegenden Album Sueños, einem Konzeptwerk über die Zeit der Kreuzzüge.
Ausgehend von einer wohl wirklich magischen Nacht in einem mittelalterlichen Mainzer Kellergewölbe im Sommer 1999, Inspiration sowohl für den Kreuzfahrerchoral "parti de mal" als auch für die troubadeske Lyrik von "Saderaladon"", begeben sich die Musiker auf der Route zahlloser "bewaffneter Wallfahrer" auf den entbehrungsreichen Weg nach "Outremer", ins Heilige Land dreier Weltreligionen.
Durch das Italien der Renaissance - eine chrono-Logik erscheint Ataraxia wie gewohnt irrelevant - führt der Weg in die alten Kreuzfahrerhäfen, nach Bari oder Brindisi und von dort über das weite Meer.
Die Musik verändert sich. Mittelalterliches Liedgut weicht der Eigenkomposition: "Underwater flowing oft he soul: notes of water, of nostalgia and silence". Der Kommentar des liebevoll aufgemachten Booklets wäre gar nicht notwendig gewesen, doch er ist denkbar treffend. Von der romantischen Walzerverträumtheit eines Akkordeons in "mon ame sorciere" bis zur psychomeditativen Grenzsituation von "Mnemosine" gleitet der Hörer durch die Wellenberge und -täler der audio landscapes, bis das Ziel der Reise erreicht ist, die Wüsteneien von Outremer.
Es ist nicht das Syrien der Kreuzfahrerzeit, das wir hier betreten, es sind nicht die Klänge des Mittelalters. Die Grenze zwischen Tag und Traum haben Ataraxia längst überschritten. Einer fata morgana gleich, einer Spiegelung in der flirrenden, glutheißen Luft erklingen die Melodien eines türkischen Leichenbegängnisses, bevor der jubelnde, ekstatische Hymnus "nemrut daci" uns eine Ahnung davon vermittelt, was der bewaffnete oder unbewaffnete Wallfahrer empfunden haben muß, wenn er endlich vor den Toren des irdischen Jerusalem anlangte, das in seinen Augen doch auch das himmlische war.

www.ataraxia.net

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SUIDAKRA - Emprise to Avalon

In der Fähigkeit einer Geschichte, sich immer wieder aufs Neue selbst zu erfinden, besteht ihre einzige Chance auf Dauerhaftigkeit. Nur dasjenige, das sich verändert, kann bestehen.
Nur in unserer Vorstellung - vielleicht - sind es die Menschen, die eine Geschichte erzählen. Ist in der letzten Wahrheit nicht doch die einzige Konstante dann eben die Geschichte selbst, deren Kraft eine so andauernde ist, daß sie sich in ihren unterschiedlichen Erzählern zu spiegeln vermag und jedes Mal ein neues Aussehen gewinnt, unterschiedliche Farbe, unterschiedliches Licht in unendlich vielen Facetten?
Der Sagenkreis um König Artus, Merlin-Myrddin und Ginover die Königin ist möglicherweise die größte Geschichte aller Zeiten - im Grunde ist er sogar die Geschichte schlechthin, denn in der alten matiere de bretagne haben sich im Verlaufe von mehr als acht Jahrhunderten so unendlich viele, auf den ersten Blick miteinander unvereinbare Aspekte vereinen lassen, daß der Reichtum der epischen Ansätze seinesgleichen nicht finden wird: Heidnisch-keltische Sagenwelt und höfisches Rittertum, eine christlich geprägte Eschatologie im Parzival und die feministisch-retroheidnische Romantik von Marion Zimmer Bradleys "Mists of Avalon".
Natürlich hat sich auch die ernsthafte wie die populäre Musik immer erneut solch "sagenhafter" Thematik angenommen. Die spezielle Verknüpfung von Hardrock und Legende reicht zurück bis in die 1970er Jahre in die Epoche von Ensembles wie "Hawkwind" bzw. "Hawkmoon" oder "Eloy".
Im deutschsprachigen Raum steht die Metalband "Suidakra" in eben dieser Tradition. Acht Jahre sind vergangen, seit ein fluktuierender Kreis von Musikern um Arkadius Antonik und Stefan Möller im Jahre 1994 als "Gloryfication" eine erste Demo-Veröffentlichung mit dem Titel "Lupine Essence" vorlegte. Seitdem haben Antonik und seine musikalischen Mitstreiter ihr metallisches Konzept in die unterschiedlichsten Richtungen erweitern können, verschiedene Reflexe vom zeitgenössischen Folk bis zur tudorzeitlichen Madrigalmelodik in ihren Sound eingearbeitet. Für das vorliegende - fünfte - Album "Emprise to Avalon", ein Konzeptwerk eben rund um die Artussage, haben "Suidakra" mit Century Media einen neuen Partner gewonnen, mit dessen Unterstützung diese Veröffentlichung hoffentlich einen weiten Fankreis erreichen und sowohl für die wirklich hörenswerte Musik als auch für diese wundervolle uralte neue Geschichte begeistern wird.

www.suidakra.info

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GLOTH, Michael E. singt und spricht Carl Michael BELLMANN:
Fredmans Episteln und Lieder für diese und jene, und besonders für Ulla Winblad. Hörbuch.

"So trollen wir uns fromm und sacht
von Weingelag und Freudenschmaus,
wenn uns der Tod ruft: Gute Nacht,
Dein Studenglas rinnt aus!"

Der Titel dieses wohl berühmtesten Trink- und Abschiedslieds des Rokoko, seit Jahrzehnten beliebter Publikumsfavorit im Repertoire deutscher Liedermacher von Klaus Hoffmann über Hannes Wader bis zu Fredl Fesl, lautet im Original "Så lunka vi så småningom" und stammt aus der Feder des beliebtesten schwedischen Schriftstellers seiner Zeit, des 1740 geborenen Sohnes einer aus Deutschland eingewanderten Familie, Carl Michael Bellmann. Der Lotteriebeamte Bellmann, protegiert vom kunstsinnigen König Gustav III. selbst, war sicherlich ein Seelenverwandter Francois Villons, geriet allerdings im Gegensatz zu diesem trotz chronischer Geldverlegenheit niemals auf die wirklich schiefe Bahn. Seinen königlichen Gönner und dessen Hof pflegte Bellmann ebenso wie die Schenken Stockholms mit seinen selbst vertonten Gedichten zu beglücken, die 1790 und 1791 als "Fredmanns Episteln" und "Fredmanns Gesänge" in Buchform erschienen. Seine Themen waren das handfeste sinnliche Leben voller Sex und Suff und, eindringlich über den Stil der Zeit hinaus, Tod und Abschied. Bellmann starb, nach der Ermordung König Gustavs endgültig in die Schuldenfalle geraten, wenige Tage nach seinem 55. Geburtstag im Februar 1795, die Laute in der Hand und seine Lieder auf den Lippen.
Michael H. Gloth, studierter Pädagoge, Kabarettist, Schauspieler, kurz: Lebenskünstler, hat sich für eine aufwendige Hörbuchproduktion des Autors und seines Werkes angenommen, gibt einen kurzweiligen Überblick der Biographie Bellmanns und führt vor allen Dingen in das Personeninventar der 'Lieder' und 'Episteln' von dessen alter ego, eben 'Fredmann' ein.
Die Lieder und Episteln selbst trägt Gloth teils rezitierend, teils gesungen vor, zu Streicherbegleitung und in einem intimen Tonfall, wie er dem Hof- und Schänkenkünstler Bellmann nur angemessen sein kann. Die Mehrfachcodierung dieser Veröffentlichung als Information über Bellmann, Gedichtauswahl und Musikproduktion erschafft ein wirklich empfehlenswertes Hörerlebnis für Alle, die auf stilvolle Weise mehr erfahren möchten über den Menschen und Künstler Carl Michael Bellmann.

www.gloth.de

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VAN LANGEN UND DES TEUFELS LOCKVOGEL - Ales umb der holden frouwen minne

"Spilleut und Gaukler sind nicht Leut wie andere Menschen, denn sie nur ein Schein der Menschheit haben und fast den Todten zu vergleichen sind." Die berühmte Einschätzung des Sächsichen Weichbildrechts, der Mittelalterszene wohl nur mittelbar aus dem notorisch unzuverlässigen bachfischerschen Machwerk "Musikanten, Gaukler und Vaganten" bekannt, gibt die Geringschätzung, welche "fahrendes Volk" in der mittelalterlichen Gesellschaft genoß, doch sehr prägnant wieder.
Eben dieses Zitat ziert die aktuelle CD des bayerischen Ensembles "Van Langen und des Teufels Lockvogel" um den charismatischen Multiinstrumentalisten Markus van Langen - und es prangt dort durchaus passend. Unterhaltungskünstler als Zombies - da kommen neben Heino als Erstes diverseste schwarzrockende Ensembles in den Sinn. Und tatsächlich sind Van Langen auch exakt hier, am Schnittpunkt zwischen dunkler Rockromantik und moderner Mittelalterszene, anzusiedeln.
Die Band - diese Bezeichnung scheint im gegebenen Fall angemessener als das E-Musik imaginierende "Ensemble" - präsentiert sich auf der vorliegenden CD in einem sehr warmen, heimelig-dichten Klangbild: Clever produziert, eingängig und mitreißend, sind Van Langen und des Teufels Lockvogel eine Spur softer, melodischer, melancholischer als In Extremo, Corvus Corax und Konsorten, doch lassen sie nicht einen Augenblick Zweifel aufkommen, hier wären etwa geringere Künstler oder Musik-Handwerker am Werke gewesen.
Sehr hübsch gelungen ist der "Todtentanz", eine Eigenkomposition, weiter aber auch die "Kindeszuht" als Kollaboration mit dem Tölzer Knabenchor. Der Traubentritt muß dieser Tage offenbar auf absolut jeder Mittelalter-Veröffentlichung vertreten sein - warum das so ist, will sich nicht recht erschließen. Die Version Van Langens ist jedenfalls wie die übrigen Titel des Albums außergewöhnlich druck- und kraftvoll geraten.
Minne, das ist für Van Langen nicht allein die kultivierte Welt der Höfe, sondern das gefühls- und suffselige Verliebtsein, das dem modernen Zeitgenossen gerade so wie dem Menschen des Mittelalters vertraut sein dürfte. Hier mittelalterliche Elemente mit dem folkrock-tümlichen Sound von Gruppen wie Schandmaul verknüpft und der Mittelalterszene gewonnen zu haben, darin liegt eines der großen Verdienste der sympathisch-teuflischen Lockvögel.

www.vanlangen.de

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CORNIX MALEDICTUM - ... verdammt in alle Ewigkeit

Krähen und Raben, heraldisch der nun nicht unbedingt prominentesten unter unseren gefiederten Freunden, sind - neben dem Wolf - von jener Art der symbolgeladenen Tiergestalten, welche die Fantasie nicht nur des mittelalterlichen Menschen, sondern augenscheinlich vor Allem der Anhänger der zeitgenössischen Mittelalterszene zu fesseln wissen. Die Corvus Coräxe und Rabenclans sind jedenfalls Legion in der mittelalter-inspirierten Musik.
Ihnen Allen, Krähen/Raben und Wölfen, ist das Unheimliche, auf ihre jeweils eigene Weise Gefährliche, vor Allem aber das Unstete eigen. Als Nomaden gelten sie, als ruhelose Wanderer, Ausgestoßene.
Es ist ein bestimmtes Lebensgefühl, das sich hier verkörpert. Die Szene nennt es "mittelalterlich", doch kritische Geister wissen natürlich, daß das Marktmittelalter weit von historischer Wirklichkeit entfernt ist. Doch dies ist auch gar nicht der Punkt: Cornix Maledictum, deren vorliegendes Debütalbum "... verdammt in alle Ewigkeit" jetzt auf dem kleinen Label "ars metalli" erschienen ist, wissen natürlich, daß sie nicht eigentlich von Krähenwesen abstammen, daß ihre Dudelsäcke nicht eigentlich heidnischen Glaubensrichtungen anhängen - die wenigsten Musikinstrumente sind streng konfessionell gebunden.
Die überschäumende Freude an der Musik von Ardor dem Pfeyffer und seinen beiden Mitstreitern Steffen dem Lautenschläger und Abraxas dem Unflammbaren sollte das indes nicht trüben, zumal sich die Show der Band überdies als ein Zusammenspiel der musikalischen Darbietung mit allerley Gaukeley und pyromanischen Finessen präsentiert.
Die auf der CD versammelten neun Titeln (plus An- und Absage) sind Marktmusik, wie deren Fans sie kennen und lieben. Die Interpretation des sechsten Stücks, der "Rabenballade", ruft vage Reminiszenzen an die legendäre Achtziger Jahre-Latzhosen-Hymne "Sieben Tage lang" wach. Stimmungsvoll wird es dann bei "Confusio maledicta", auf das die drei Mittelalterenthusiasten augenscheinlich besonderes Herzblut verwandt haben.
Maledicanten, böse Übeltäter sind sie also gar nicht, die "komischen Vögel" aus dem östlichen Brandenburg. Soviel Begeisterung und Spielfreude muß ganz einfach überspringen auf einem "mittelalterlich Spektakulum".

www.cornix-maledictum.de

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