Musiktips des Monats: Mittelalterliche, Mittelalter-inspirierte und dunkel-romantische Klänge

Aktuell
Mai 2002

ATARAXIA - Mon seul desir

ARTWORK - puppet fields

SPECTACULATIUS - Als Lumpen tun wir fahren

Archiv

April 2002:
CAPELLA ANTIQUA BAMBERGENSIS - Die Fräuelein von Franken
FURUNKULUS BLADILO - Spilleut im Zauber der Ewigkeit
ONI WYTARS - Stupor Mundi
EICHENSCHILD - Auf Gedeih und Verderb
ELSTER SILBERFLUG - Spes
DREI LITER LANDWEIN - Schenk ein!

März 2002:
PERSEPHONE - Home
GOETHES ERBEN - Nichts bleibt wie es war
VANITAS - Der Schatten einer Existenz
CAPELLA ANTIQUA BAMBERGENISIS - Das Schloßkonzert Vol. 1
ANGELS OF VENICE - Awake inside a dream

Februar 2002:
FILIA IRATA - Tinnitussi
E NOMINE - Finsternis
ESTAMPIE - fin amor
LES FLAMBOYANTS - Hildegard von Bingen ...

Januar 2002:
ORBIS MUNDI - Adia
MILAMAR - Elfensex
IOCULATORES - Lieder und Tänze

Dezember 2001:
HELIUM VOLA - ohne Titel
FREIBURGER SPIELLEYT - Nu wol uf, ritter, ez ist tac!
MIROQUE Vol. VII

November 2001:
SCHANDMAUL: Von Spitzbuben ...

Oktober 2001:
IN EXTREMO - Sünder ohne Zügel

September 2001:
DUIVELSPACK - In 3 Teufels Namen

August 2001:
MUSIKTHEATER DINGO - Minne, traute Minne

Juli 2001:
MIROQUE Vol. VI

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MAI 2002:
ATARAXIA - Mon seul desir

Vor geraumer Zeit, nein, nicht im Mittelalter, sondern seinerzeit, als die achtziger Jahren noch kein cooler Retrotrend waren, sondern Ringel-T-Shirts, violette Latzhosen und langhaarige Schnauzerträger allgegenwärtige grausam erlebte Realität, entbrannte das Herz des Rezensenten für eine kurze, aber wild bewegte Phase seiner Jugend für den leichtfüßig-melodischen Sound der Italo-Disco. Sogar ein Querverweis zum Mittelalter ist an dieser Stelle herstellbar, denn quasi im Fahrwasser der Zimmer Bradleyschen Nebel von Avalon war seinerzeit Valerie Dore mit ihrem discoromantischen Album "Lancelot" erfolgreich.
Heute, ausgestattet mit vielleicht etwas stärker diversifizierten musikalischen Vorlieben, dämmert die Erkenntnis, daß es eben diese Leichtigkeit ist, welche die italienische Musik schon immer ausgestattet hat, von den Istampiten des Quattrocentro über Monteverdi und Vivaldi bis zur aktuellen Popmusik der Gegenwart.
Das italienische Mittelalter-Ensemble Ataraxia ist mittlerweile seit acht Jahren unterwegs auf Reisen in die Welt des Mittelalters. Dieser Gedanke ist durchaus ganz wörtlich zu verstehen, denn Ataraxia stellen sich dieser Herausforderung auf ganz andere Weise als herkömmliche "mittelalterliche" Ensembles. Es ist nicht ihr Anliegen, im "authentischen" Mittelalter jemals anzukommen: Die Reise dorthin ist doch so viel spannender - und noch dazu kommen all die vielfältigen und aufregenden Einflüsse, welche die Musiker unterwegs aufgelesen haben.
Es ist das Erbe der mediterranen wie auch der keltischen Kulturen, in das sie eintreten, und die Sonnenglut des Südens, die aus den Klängen von Mon seul desir spricht, der neuen Veröffentlichung des transalpinen Projektes. Neben fin amor tritt sozusagen dolce vita und die Ausschnitte aus dem bekanntlich sehr sinnlichen Hohelied Salomos aus dem Alten Testament auf der aktuellen CD passen da natürlich sehr schön. laissez faire, die Ataraxia von den allermeisten vergleichbaren Ensembles nördlich der Alpen wie etwa Estampie unterscheidet.
Der Zugang ist dabei ein multimedialer: Ein Tänzer / Performer gehört zum festen line-up der Band, die als Rahmen für ihre Auftritte in ganz Europa - und teilweise darüber hinaus - historische und mystische Stätten bevorzugt.
Die ganz eigene Atmosphäre dieser Locations kombiniert mit dem Sound von Ataraxia: Das muß ein faszinierendes Erlebnis sein.

Future Insights / Essence music
www.ataraxia.net

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ARTWORK - puppet fields

Artwork, eine Handvoll wechselnder Künstler um den Bayreuther Musiker und Produzenten Jochen Schoberth, hat sich in seiner zehnjährigen Karriere immer wieder von den unterschiedlichsten historischen und aktuellen Musikstilen inspirieren lassen und diese jeweils zu einem nicht immer magenfreundlichen, aber geschmacklich doch noch stets reizvollen Cocktail verquickt.
Das Mittelalter und speziell jenes in der zeitgenössischen Mittelalter-Interpretation geschätzte latent düstere, spanisch und arabisch akzentuierte mittelalterinspirierte Klangbild spielt auf der aktuellen Veröffentlichung "puppet fields" in einer Reihe von Stücken eine besondere Rolle, etwa bei "de la mano imposibile" oder im klassischen Gesangsvortrag von "olem el cour".
Starlight Garden, auf der anderen Seite, ist dann mit seinen transatlantischen Beats und elektronischen Sounds doch pure Popmusik der ansprechenderen Sorte, um indes gleich wieder in die schleppenden Klänge und die hymnische Melodik von tima noc zu münden.
Der wohl schönste und ohne Zwiefel eingängigste Titel der CD ist aber das nach allerlei Schwermut wohltuend entspannte, vorletzte Stück, "another candle", das auch auf einer Fleetwood Mac-Veröffentlichung nicht überrascht hätte.
Wohl kaum zufällig kommt dem Hörer bei verschiedenen Stücken des Albums, am deutlichsten beim schon erwähnten Titel "de la mano imposibile" ein anderes Projekt mit Kunstanspruch in den Sinn, Estampie, das Münchener Ensemble für frühe Musik: Michael Popp war an prominenter Stelle an der Einspielung von puppet fields beteiligt.
Dabei klingen Artwork niemals auf prätentiöse Weise sperrig, oder mit anderen Worten: Die in der "schwarzen Szene", etwa auch beim zeitweiligen Artwork-Collaborateur und vermeintlichen Goethe-Erben Oswald Henke vielfach anzutreffende "Boah, sind wir Künstler!"-Schwurbeligkeit hat dieses Ensemble erst gar nicht nötig.
Die aus der einschlägigen Presse oft zu vernehmende Unterstellung, es sei ein schwieriger Prozeß, sich in ein Artwork-Album einzuhören, trifft jedenfalls auf puppet fields nicht zu. Selten in letzter Zeit ist Kunstanspruch dem Ohr des aufgeschlossenen Hörers auf so lyrisch-verspielte, vielfältige und doch eingängige Weise nahe gebracht worden.

www.etage-music.de

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SPECTACULATIUS - Als Lumpen tun wir fahren

Echte Mittelaltermarktmusik muß man live gehört und gesehen haben, das weiß ein jedes Kind, das schon einmal ein mittelalterlich' Spektakulum besucht und erlebt hat, doch manchmal ist es dennoch möglich, ihre sehr eigene Stimmung auf einer CD einzufangen.
Dabei ist Mittelaltermarktmusik ein Ding sehr eigener Art. Sie ist sehr bewußt keine eigentlich mittelalterlicher Musik, das wissen Künstler wie Corvus Corax, Furunkulus Bladilo oder eben Spectaculatius sehr wohl und deswegen sind alle Unkenrufe aus der Authentizitätsfraktion im besten Falle unangebracht, im schlimmsten Falle entlarven sich derlei Kritiküsse selbst als humorlose Sauertöpfe.
Die Marktmusiker sollte das jedenfalls nicht irritieren.
Mit "Als Lumpen tun wir fahren" legen Spectaculatius ihr CD-Debüt vor und zeigen hier eine durchaus beeindruckende Vielfalt schon in der Auswahl des musikalischen Materials das eben vom höfisch-frommen Mittelalter (Ecco la prima vera / La rotta ist die neben Greensleeves wohl am häufigsten eingespielte mittelalterliche Melodie überhaupt) bis ins 19. Jahrhundert der Romantiker, Sängerschaften und liberalen Männerbünde reicht.
Die vier Musiker um Reiner Jungmann aka "Grinsegreis der Schalk" tragen auf "Als Lumpen tun wir fahren" dieses Repertoire mit ihren Leiern, Lauten, Schalmeien, Pfeifen und Trommeln derart überzeugend und voller Verve vor, daß der gefesselte Hörer den Melange-Charakter des Stoffes spätestens nach dem dritten Stück überhaupt nicht mehr wahr nimmt. Spectaculatius ist das gelungen, was oberstes Ziel des "lebendigen Mittelalters" sein sollte: Sie bringen historische Vorlagen nicht einfach zu Gehör, sondern erobern sie für sich, um sie aus sich heraus für sich und ihr Marktpublikum neu zu interpretieren.
Sie tun dies auf eine höchst sympathische, intuitive Weise, doch nicht etwa unreflektiert und ohne tiefere Absicht. Es ist Spectaculatius - und das unterscheidet sie durchaus von vergleichbaren Ensembles - durchaus ernst mit der Vergangenheit und der unterschiedlichen Einflüsse auf ihre ganz eigene Interpretation der vielgescholtenen und kritisch beäugten "Folklore" sind sie sich sehr wohl bewußt.
So sind Spectaculatius letztendlich viel mehr als bloße Unterhaltung. Sie sind vielmehr ein sehr wichtiges Ensemble für jeden, der sich mit dem musikalischen Zugang des Marktmittelalters zur Vergangenheit auseinanderzusetzt.

Erhältlich über
www.spectaculatius.de

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